Die Nienburger nannten sie gern „das Schloß“, Bürgermeister Stahns Villa in dem weitläufigen Parkanlagennlagen am hohen Weserufer – obgleich wohl ein Jeder wußte, dass die Bezeichnung eigentlich nicht zutreffend war.
Die Entstehungsgeschichte klingt wie ein Märchen. Ein Langendammer Hirtenjunge, Karl Friedrich Heinrich Ahrens, der nach Amerika ausgewandert war, gelangte dort als Fabrikant von künstlichen Blumen und mit Grundstücksspekulationen zu einem ansehnlichen Vermögen. Bei einem Besuch in der alten Heimat erwarb er das Grundstück der ehemaligen Festungsbastion „Kuhschanze“ (ein Teil des Mauerwerks ist bis heute erhalten) und beauftragte den Architekten August Petersen mit dem Bau seines Altersruhesitzes. „Charles“ H. F. Ahrens, der in Paris ein Zweiggeschäft hatte, wünschte sich eine Villa nach Pariser Vorbild. Zweimal fuhr Petersen darum zu Studienszweckeen in die französische Hauptstadt.
1872 begannne die Bauarbeiten. Die ursprünglichen, gr0ßartigen Pläne konnten jedoch nicht ausgeführt werden, da dem Bauherrn, der sich „verspekuliert“ hatte, das Geld ausging. So wurde ein zwar ansehnliches , aber wesentlich kleineres Gebäude errichtet. Dennoch kam es im Jahre 1882 zur Zwangsversteigerung.
Die Villa gelangte in den Besitz von einem Pastor Walkerling aus Peine. Dessen Tochter Else (Schloß-Else) heriatete Johannes Stahn, Nienburgs Bürgermeister von 1892 bis 1930, der mit Weitblick, Energie und Tatkraft zum Wohle der Stadt wirkte und mit seiner Familie das „Schlo0ß“ bewohnte.
Ursprüngliche Absichten, das Gebäude nach dem Tod von Frau Else Stahn im Jahre 1947 einem karitativen Zweck zuzuführen, schlugen fehl. Die „Nienburger Stromversorgungs-AG“ (später Hastra) erwarb das Grundstück für ihre Betriebsdirektion. Das „Schloß war baufällig geworden. So entschlossen sich die Eigentümer zum Abriß und Neubau. Lediglich die erhaltene Grundstücksumfassung zeugt von einstiger Pracht, und an den Bauherrn, der in Paris in geistiger Umnachtung starb, erinnern die am Eingangstor eingemeißelten Buchstaben „C.A. 1872 Exelsior“.
Fundstellen
- Buch „Gruß aus Nienburg“ – Unsere Weserstadt auf alten Ansichtskarten – 1983 by Sparkasse Nienburg